Montag, 14. Februar 2011

Am Fenster

Wie alle Jugendlichen interessierte ich mich für Musik. Es war die Zeit des Glam – Rocks. Ich war ein riesiger Fan von dieser Musik, egal ob Sweet, Slade, T. Rex oder die Glitterband, Hauptsache es war rhythmisch und laut. So langsam entwickelte sich die Disco Welle aber die meisten Titel waren mir zu softig. In der DDR begann sich Anfang der  70-ziger Jahre eine eigene Musikrichtung zu entwickeln, der Deutsch Rock. Ich mochte die Musik, Entsprach sie auch nicht immer den internationalen Trends für mich hatte die Musik etwas. Die DDR Oberen machten es dieser Musikrichtung nicht einfach. Laufend steckten sie ihre roten Nasen in Dinge, die sie eigentlich nichts angingen. In ihrem Übereifer ordneten sie an, dass in der Disco ein Drittel der Musik aus der DDR sein musste. Kein Diskjockey hielt sich daran aber 3-4 Titel am Abend mussten sie schon spielen. Es gab ja auch Kontrollen. Hielten sie sich nicht an die Vorgabe, passierte es ganz schnell, dass sie ihre Lizenz abgeben mussten. Alles was staatlich verordnet wurde, stieß bei uns Jugendlichen auf Widerstand. Egal ob die Musik gut war oder nicht, bei dieser Musik wurde nicht getanzt. Die Tanzfläche leerte sich schlagartig sobald eine deutsche Textzeile erklang. Deutschsprachige Rockmusik aus dem Westen gab es selten. Die paar Bands konnte man an einer Hand zählen die es musikalisch bis Dresden schafften. Die bekannteste Band aus dem Westen war Kraftwerk, die hatten auch international richtig guten Erfolg. Mit ihren Titel Autobahn schafften sie es sogar auf die Nummer Eins in den USA. Allerdings war Kraftwerk mehr ein Klangerlebnis, da ging es weniger um die Sprache. Roland war Lindenbergfan. Sein großer Bruder hatte alle LP’s von ihm auf dem Tonband. Ich brauchte lange ehe ich gefallen an seiner Musik fand. Mit dem Titel Jonny Controlleti konnte ich mich das erste Mal mit Lindenbergs Musik anfreunden, der Titel Rudi Ratlos war dann bei mir der Lindenbergdurchbruch. Anders war es bei Frank Zander. Die Musik war gängig und die Texte einfach nur der Hammer. Mit seinen Liedern der „Nick Nack Man“ und „Der Ur - Ur – Enkel von Frankenstein“ erreichte er bei uns Kult-Status. Seine Titel „Oh Susi“ und „Ich trink auf dein Wohl Marie“ wurden in den Discos rauf und runter gespielt. In der DDR hießen die bekanntesten Bands Puhdys und Karat. Aus dem Dresdner Raum kamen die     Art – Rockbands Lift, Stern Meißen und Elektra. Mit Titeln wie „Am Abend mancher Tage“, „Kampf um den Südpol“ und „ Tritt ein in den Dom“ stürmten sie die  DDR – Hitparaden. Der Urvater des Deutsch Rocks war die Leipziger Band Renft. Diese war gerade mal wieder von der DDR - Obrigkeit verboten wurden. Den genauen Hintergrund erfuhr niemand. Gerüchte besagten ein Teil der Truppe wäre in den Westen getürmt. Sei wie es sei, auf den Tanzflächen jedenfalls, hatten DDR – Bands nichts verloren, mit einer Ausnahme. In Berlin gab es eine Band mit dem Namen City. Sie schaffte etwas unglaubliches, nicht nur das wir Jugendlichen auf der Tanzfläche blieben, die Massen stürmten auf die Tanzflächen wenn der Titel „Am Fenster“ erklang. Wir bildeten riesige Kreise und ab ging die Tante Luzie. Wir drehten uns wie die Brummkreisel. Es war deutsche Rockmusik und doch so ganz, ganz anders. Von einer Geige kam das bestimmende Musikelement. Es verleidete zum Träumen, man hatte das Gefühl von unendlicher Freiheit. Anders sah es bei den Rockkonzerten aus. Die waren fast immer gut besucht. Das Gruppen ganze Stadien füllten war keine Seltenheit. Für ein Land mit 17 Millionen Einwohnern war das schon beachtlich. Fans sangen die Lieder, die Bands spielten die Musik. Es war einfach geil. Was mir Missfiel waren die politischen Lieder. Man hatte immer den Eindruck, mit solchen Texten wollten einige Bands sich Liebkind bei der Obrigkeit machen. Am schlimmsten war da Karat und das obwohl sie es doch eigentlich gar nicht nötig hatten, als Devisenbringer für den Staat. Ihre öffentlichen Bekenntnisse zu Staat und Vaterland waren immer sehr dünnhäutig und trieften vor Sentimentalität.
Ich hatte noch einen speziellen Freund. Seine Musik war so etwas von anders, da gab es in der DDR nichts Vergleichbares, Reinhard Lakomy. Für viele war er eine Randfigur in Sachen Schlager. Aber seine Lieder waren keine Schlager. Es war eine Mischung aus Rock – Schlager und Chanson. Bei meinem Vater war er schon deshalb unten durch, weil er lange Haare hatte. Die Texte seiner Lieder waren so geschnitten, das man immer dachte sie stammen von ihm selber. Sie waren frech, vorwitzig und aus dem Leben gegriffen. Sein Texter war Fred Gertz. Er und Lakomy bildeten eine Art Symbiose. Lakomy selber war alles andere als ein begnadeter Sänger, seine Ausdrucksform war eine Art von Sprechgesang.

Einmal wissen dies bleibt für immer
Ist nicht Rausch der schon die Nacht verklagt
Ist nicht Farbenschmelz noch Kerzenschimmer
Vom Grau des Morgens längst verjagt*
*Lied Gruppe City


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