Montag, 14. Februar 2011

Die Fahrt nach Prag

Roland und ich waren auf den Geschmack gekommen, Disco auf dem Land juchhey. Es war mal wieder Wochenende Hüni, Roli und ich beschlossen zur Disco mit dem Auto zu fahren. Geising war unser Ziel im Erzgebirge genau vor Altenberg und Zinnwald gelegen nur im Tal. Dort war Tanz im großen Saal. Wir stellten fest, die einzelnen Dörfer saßen Tischen weise. Logisch, die Altenberger und Zinnwalder kannten wir am besten. Die hatten wir ja in der Grenzbaude kennen gelernt. Sie saßen an einer gemeinsamen Tafel. Dann waren da noch die Geisinger, die Bärensteiner und die Lauensteiner. Die Exoten waren wir die Hauptstädter. Hier ging die Post voll ab, es steppte der Bär. Kerstin war im übrigem nicht da. Andere Mütter hatten auch schöne Töchter. Hüni konnte nichts trinken er musste ja fahren. Dafür kamen wir für seine Unkosten auf.  Früh halb drei waren wir wieder in Dresden. Ich wollte meine gute Nappalederjacke aus dem Auto nehmen. Sie war verschwunden. Roland meinte er könne sich erinnern die hätte ich mit rein genommen in die Disco. Ich war mir da nicht so sicher. Die schöne Jacke, Tante Erna hatte sie mir im letzten Jahr zum Geburtstag geschenkt. Ich ärgerte mich gewaltig. Roland beruhigte mich, mach dir nichts draus wir fahren morgen nach dem Mittag noch mal hoch und fragen ob sie abgegeben wurde. Gegen 12.00 Uhr trafen wir uns bei Arnolds. Roland hatte sich das Auto noch mal angeschaut. Es sah so aus als ob die Tür hinten links gewaltsam geöffnet wurde. Es müssen welche vom Fach gewesen sein denn es wurde fachmännisch gearbeitet. Sie haben die Türe auch wieder verriegelt. Das klang nicht so richtig gut für meine Lederjacke. Wir fuhren trotzdem nach Geising. Wie sollte es anders sein, die Lederjacke blieb verschwunden. Das man für eine Lederjacke in der DDR ein Auto aufbricht hätte ich nicht für möglich gehalten. Wir überlegten, ob wir eine Anzeige bei der Polizei erstatten sollten. Nach Abwägung aller Fakten kamen wir zum Schluss es nicht zu machen. Denn 100 Prozent sicher waren wir nicht ob ich die Jacke im Auto gelassen hatte oder nicht. Außerdem waren im Bodenblech vom Auto noch ein paar kleinere Löcher. Wenn die Polizei das Auto untersuchen würde und sie die Rostlöscher sahen, könnte es leicht passieren, dass das Auto stillgelegt würde und das wollten wir keinesfalls riskieren.
Auf einmal meinte Roland, wenn wir schon mal hier sind, könnten wir auch nach Prag fahren. Ich war noch nie in Prag, und war sofort Feuer und Flamme. Auch Hüni konnte sich mit dem Gedanken anfreunden. Ich schaute noch mal in den Geldbeutel. Roland sagte das Auto ist voll getankt. Geld brauchen wir keins. Das Benzin hatte er auf Arbeit beim Verschrotten von Autos abgezweigt. Roland hatte sich da mit einem Kollegen reingeteilt, der hatte ihm die 20 Liter Kanister auch nach Hause gefahren. Also, auf ging’s die 5 km bis zum Grenzübergang in Zinnwald. An der Grenzstation für Pkw war nicht allzu viel los. Vor uns war ein Pkw aus Schweden. Zwei blonde Frauen saßen drin, sie sahen aus, wie Mutti und Tochter. Die jüngere war die Fahrerin. Sie war so Anfang 20. Wir wussten die Kontrolle vor uns würde etwa länger dauern, Besucher aus dem westlichen Ausland wurden immer richtig gefilzt. Hüni fuhr eine Handbreit auf den Volvo vor uns auf. Die junge Schwedin bekam es mit und wurde nervös. Wir freuten uns, Weiber am Lenkrad. Beide Frauen mussten aussteigen und mit in das  Zollhaus. Nach ungefähr 5 Minuten kamen sie wieder raus. Die Fahrerin des Volvos schaute, wie weit Hüni aufgefahren war. Sie wechselte die Gesichtsfarbe und stieg ins Auto. Der Motor ihres Volvos heulte wie verrückt auf, total verkrampft schaute sie in den Rückspiegel, sie hatte Angst vorm zurück rollen. Auch die Zöllner grinsten. Die Gute dachte bestimmt, das ist der Feind aus dem Osten!! Aber daran verschwendeten wir keinen Gedanken, wir wollten sie nur ärgern. Die Kontrolle an der Grenze war für uns problemlos. Die Grenzpolizei drücke ihre Stempel in unsere Ausweise und weiter ging es. Die nächsten 10 km bergab, die Straßen wurden schön. Im Gegensatz zur DDR hatten die Tschechoslowakei ihre Straßen in einem vorbildlichen Zustand. Nicht lange, da tauchte der Volvo wieder vor uns auf. Die Damen hielten sich an die Verkehrsvorschriften. Hüni drängelte wie verrückt, völlig entnervt fuhren sie auf den nächsten Rastplatz, schade. Bald waren wir in Teplitze angelangt am Fuße des Erzgebirges. Von hier waren es noch 90 km Landstraße bis Prag. Die Landstraße war hervorragend ausgebaut. Bald hingen wir hinter einen nagelneuen Dacia fest. Ich sagte, ein schönes Auto. Roland fand was aus Rumänien kommt kann man nicht kaufen. Ich erwiderte, allemal noch besser wie unser oller Trabant und Wartburg, das ist Renaulttechnik. Ja sagte Roland, aber schau dir die Verarbeitung an, das kannst du vergessen, bevor wir in Prag sind ist der weggerostet, wir lachten. Der Dacia versuchte von uns wegzukommen. Hüni blieb dran, wir konnten es gar nicht fassen, wir fuhren 130 km/h. Davon mal abgesehen, dass auf der Landstraße nur 90 km/h erlaubt waren,  dass die alte Kiste die Geschwindigkeit des Dacias mühelos mitging war einfach unglaublich. Kurz vor Terezin bog der Dacia links ab. Wir fuhren weiter Richtung Terezin, vor uns tauchten Wallanlagen auf, es sah ganz merkwürdig aus irgendwie gespenstig. Ich dachte Terezin, das hast du schon mal gehört aber wo? Die Straße ging mitten durch eine Wallanlage und über einen Fluss,mitten drin lag die Stadt. So etwas hatte ich noch nie gesehen. Terezin, Terezin und da viel es mir ein, hieß auf Deutsch Theresienstadt. Das war während des 2. Weltkrieges so eine Art KZ gewesen und plötzlich tauchte es auf nach ein paar Kurven, ein Gräberfeld mit einem Davidstern verziert. Meine Gedanken konnten das Gesehene so schnell gar nicht verarbeiten. Merkwürdig eine Europastraße mitten durch eine Gedenkstätte, einfach unglaublich. Weiter ging es vorbei an einem alten halb verfallen Kloster Richtung Prag. An einer Kreuzung las ich Melnik, dort flossen Elbe und Moldau zusammen und dann war sie schon da, die Stadtautobahn von Prag. Wir fuhren talwärts in Richtung Altstadt und bald querten wir zum ersten Mal die sagenumwobene Moldau. Wir parkten irgendwo in der Altstadt und los ging es, Wenzelplatz, Karlsbrücke,  2 alte Kirchen, Stufen hoch zum Hradschin dem alten Schloss von Prag. Es war einfach nur schön, ich war schwer beeindruckt. Wir bummelten zurück zum Auto. Vorbei ging es an einem wunderschönen Gebäude. Ich fragte was ist denn das? Roland sagte, der Bahnhof von Prag, hier kommen die Züge von Dresden an. Willst du weiter nach Budapest musst durch die Altstadt den Bahnhof wechseln. Was es alles so gab. Roland war schon ein paar Mal in Ungarn gewesen, ich noch nie. Dafür kannte ich mich in der DDR ganz gut aus.
Es fing an zu regnen, es wurde Zeit das wir zum Auto kamen. Hüni gab Gas, ab ging es noch einmal kurz durch die Altstadt. Sie war mit Katzenköpfen gepflastert. Der Regen wirkte wie Schmierseife. In einer scharfen Rechtskurve brach das riesige Heck des Skodas aus. Links und rechts waren Autos geparkt. Aber Hüni machte das Gut, fing das Auto ab und brachte es wieder in die Spur. Wir atmeten tief durch. Das hätte uns zum Glück noch gefehlt, eine Unfall im Ausland, wo doch die tschechische Polizei so „deutschfreundlich“ war. Entspannt ging es auf die Rückfahrt. Kurz hinter Prag, die Ampel zeigte rot. Hüni hielt drauf. Roland sagte, willst du nicht mal bremsen? Hüni – Warum, es ist doch grün. Ich rief entsetzt, das ist für die Linksabbieger. Hüni ging auf die Eisen, ich dachte noch das schafft er nie und nimmer vor dem Lkw zum Halten zu kommen und ging schon in Deckung. Wir hatten Glück, gerade fuhr der letzte PKW in der Linksabbiegerspur davon. Wir schlitterten vorbei am Lkw und kamen genau vor der Ampel zum stehen, puh noch mal Schwein gehabt. Nach diesen Aufregungen fuhr Hüni etwas langsamer. Roland fragte was heute Abend denn im Fernsehen kommt. Ich sagte, irgend so ein blöder russischer Kriegsfilm. Hüni schimpfte, können die denn nicht mal was Vernünftiges bringen, egal diese Scheiße mit dem idiotischen Krieg. Genau sagte ich, was hat denn unsere Generation damit zu tun und dann diese ewige Verdummung der Deutschen, das kann man sich wirklich nicht mehr anschauen. Roland meinte dann lasst uns lieber ein Bier trinken gehen. So schaukelten wir unsere Stimmung hoch und hatten eine Stinkwut auf die Russen oder wie man bei uns zu sagen pflegte „ sowjetischen Freunde“. Freunde kann man sich normaler Weise aussuchen, diese aber nicht. Die waren da und bestimmten wo es im eigenen Land lang ging. Mit dieser Laune näherten wir uns wieder Theresienstadt. Wir kamen wieder an diesem Friedhof vorbei. Roland rief, los den deutschen Gruß. Wir streckten den rechten Arm aus. Unsere Wut war verflogen, wir hatten uns abreagiert und fühlten uns besser. Weiter ging es an der Porta Bohemica vorbei durchs nordböhmische Mittelgebirge, Richtung Erzgebirge. Der Skoda quälte sich die letzten 10 km zur Grenze hinauf. Es wurde wieder regnerisch und nebelig. Die Temperaturen gingen gegen Null. Die Grenzer hatten Zeit, sie nahmen die Ausweise mit. Nach ca. 10 Minuten kamen sie wieder. Wir mussten aussteigen, sie begannen das Auto auszuräumen. Schnüffelten im Motorraum rum und dann sahen sie am Heck eine Klappe. Auf den ersten Blick viel sie gar nicht auf. Sie wollten wissen was da drinnen ist. Roland sagte das Ersatzrad, schon plärrten sie, aufmachen. Roland meinte den Schlüssel habe er nicht mit. Dann brechen sie es auf, rief der eine Beamte. Roland fragte mit Unterton, was haben sie gesagt?? Brechen sie es auf!!! Roland lief rot an und brüllte, ihr spinnt wohl, versucht es erst einmal in eurem Leben mit arbeiten, ehe ihr andere Leute auffordert etwas zu zerstören. Macht es doch selber, dann zeige ich euch an. Ich erstarrte, Hüni sagte nichts. Den Polizisten klappte der Kiefer nach unten. Sie warten hier, wir kommen wieder, sie gingen. Ich sagte Mensch Roland, so kannst du mit denen nicht reden. Halt die Klappe sagte er, die Roten die spinn doch, die können sich nicht alles erlauben. Hüni meinte, da hast du wohl Recht, aber ob das klug war ist eine andere Sache. Das Warten kam mir vor wie eine Ewigkeit, dann kamen sie zu viert aus dem Zollhaus gingen zu Roland, drückten ihm die drei Ausweise in die Hand, sagten Gute Fahrt, drehten sich um und gingen. Ich war sprachlos, alles Mögliche hatte ich erwartet aber das, es war unfassbar. Roland brummte, na also man darf sich bloß nicht alles gefallen lassen. Ich sagte, das vergessen die dir bestimmt nicht. Ach was, wir werden sehen, meinte Roland. Die letzten 50 km nach Hause verliefen ohne Zwischenfälle. Die Anspannung viel ab, wir beschlossen den Abend noch bei einem Bier ausklingen zu lassen. Kurz nach Neun rückten wir ein, in die Mitropa. Becki war schon da, er hatte seine neue Flamme Fransiska mit. Ich muss sagen, Andreas hatte immer einen extravaganten Geschmack was Frauen anging. Auch Fransi sah super aus. Wenn das mit der Jacke nicht gewesen wäre, hätte man sagen können, es war ein tolles Wochenende.

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