Montag, 14. Februar 2011

Der Fußball

Fußball spielte in unserem Leben schon immer eine große Rolle. Klar als Dresdner war man Fan von Dynamo Dresden. Das gehörte einfach zum guten Ton. Als Kind war ich viel bei den Heimspielen und hatte die Spielerheftchen gesammelt. Zu Hause hatte ich einen gewaltigen Stapel davon. Auch hatte ich bei Dynamo zwei Jahre selber Fußball gespielt. Allerdings fehlte mir die Begabung für größere Dinge. Ich spielte meistens in den zweiten oder dritten Mannschaften. Das verdarb mir allerdings nie die Lust an dem Spiel.
Ja früher war der Fußball bei den großen Dynamos auch noch einer zum Anfassen. Die Spieler hatten noch keine Starallüren. Unvergessen blieb mir, wie ich als 10 jähriger Stöpsel durch das Dynamostadion gesaust bin, um mir ein Brause im Sportkasino zu holen. Auf dem Rückweg stand mitten im Publikum unser Nationalspieler Klaus Sammer. Er war im letzten Spiel mit rot vom Platz geflogen, „natürlich völlig unberechtigt“. Ich stürzte zu ihm hin. Guten Tag Herr Sammer, geben sie mir bitte ein Autogramm? Er sagte komm her mei Kleener, nahm mein Dynamoheft, borgte sich vom Nachbarn einen Kuli und ich hatte mein Autogramm. Stolz wie Oscar marschierte ich davon. Heute waren solche Sachen nicht mehr möglich. Dafür kamen Mannschaften wie Liverpool, Turin und Bayern nach Dresden. Man konnte eben nicht alles haben. Mannschaften aus dem kapitalistischen Ausland wurden regelrecht abgeschottet, das es einem peinlich war.
Aber kommen wir zurück zum eigenen Fußball. Wir spielten regelmäßig Fußball bei uns im Hof. Zuerst wurden die Mannschaftskapitäne bestimmt. Diese suchten sich dann abwechselnd ihre Spieler raus. Ich zählte zu den Spielern die immer zuletzt aufgeteilt wurden. Mit andern Worten, meine Fußballkunst stand nicht allzu hoch im Kurs. Es störte mich nicht, ich wollte nur mitspielen. Auf diese Art und Weise war gewährleistet, dass sich nahezu zwei gleich starke Mannschaften gegenüber standen. Herbert und Heinz waren gewöhnlich die Kapitäne. Die Ergebnisse landeten in aller Regel im Handballbereich. Gespielt wurde im Hof, bis man eines Tages beschloss Garagen zu bauen auf unserem Fußballplatz. Viele Eltern sträubten sich dagegen, mein Vater stand da mit in vorderster Reihe. Als der Protest nichts nützte und die Garagen doch gebaut wurden, war er der Erste der hier, hier schrie. Meine Kumpels rieben es mir unter die Nase. Mein Bruder fand es taktisch klug, wie sich Vater verhalten hatte. Ich schüttelte nur den Kopf. Jedenfalls durfte der Platz nur gebaut werden, wenn Ersatz herkam. Einige Eltern verhandelten mit dem Verwalter des Studentenwohnheimes. Genau gegenüberlag zwischen dem Wohnheim und unserem Wohnhaus lag der Sportplatz. Dieser war asphaltiert!!!! Nach zähen Verhandlungen wurde uns die Nutzung zugesichert. Anfangs spielten wir noch unter uns. Immer öfters kamen Studenten und wollten mitspielen. Wir hatten damit kein Problem. Meistens waren es Schwarzafrikaner die mitspielen wollten. Sie waren elegante Fußballer, die am liebsten den Ball ins Tor getragen hätten. Jetzt wo wir Lehrlinge waren trafen wir uns meistens Samstagnachmittag zum Bäbbeln. In der Zwischenzeit hatte es sich auch bei den Studenten rum gesprochen Samstag ab 15.00 Uhr wird gebäbbelt. Sie stellten selber kleine Mannschaften auf. Eine Truppe war drunter die schickten uns zweistellig nach Hause. In dieser Mannschaft spielten zwei Typen mit, die konnte ich ethnisch nicht einordnen. Ich fragte den Einen, wo sie herkommen. Er sagte aus Peru. Ich erwiederte, wie Europäer seht ihr wirklich nicht aus. Er lachte und sagte nein, wir sind Indianer. Indianer, da dachte ich in erster Linie an Nordamerika. Aber klar es gab auch welche in Südamerika. Nur waren die Ureinwohner von Südamerika ein körperlich kleiner Menschentyp und eher gedrungen. Ich fand es aufregend. Wir kamen ins Gespräch. Sein zu Hause war ein kleines Bergdorf irgendwo hoch in den Anden und er hatte noch fünf Geschwister. Ich fragte ihn, wo man da so Fußball spielen lernt. Er sagte, Peru ist ein armes Land. Oftmals ist Fußball die einzige Möglichkeit ohne große Bildung, Geld zu verdienen. In Peru wird der Fußball auch vom Staat gefördert. Die schicken ihre Späher bis ins entlegenste Andendorf um Talente aufzuspüren. So war er nach Lima in die Hauptstadt von Peru gekommen und spielt heute in der Nationalmannschaft der U 21 von Peru. Ich war schwer beeindruckt. Kein Wunder das sie uns an die Wand spielten. Ich erzählte es Herbert.  Er war auf einmal wie elektrisiert. Die schlagen wir, ich trommle ein paar gute Jungs zusammen und du gehst ins Tor. Im letzten Jahr stand ich fast immer im Tor, da war ich wirklich nicht der Schlechteste. Ich handelte mit dem Peruaner das Spiel aus. Auf dem Kleinfeld mit jeweils 6 Spielern plus Tormann. Samstag den 11.06.1977 um 15.00 Uhr ging es los. Herbert hatte aus den Nachbarhöfen noch ein paar Jungs mobilisieren können, die einen gepflegten Fußball spielen konnten. Die Studenten um die beiden Peruaner waren uns technisch weit überlegen. So dauerte es auch nicht lange und es stand 1 – 0 für sie. Der kleine Peruaner schob den Ball an mir vorbei. Herbert hatte erkannt, wenn wir den kalt stellen, haben wir vielleicht eine Chance. Er sagte zu Heinz, den müssen wir zu zweit in die Mangel nehmen und wirklich das Spiel des Peruaners wurde schlechter. Auch wenn beide ihm das Wasser technisch gesehen nicht reichen konnten, es gelang ihnen, ihn in seinem Wirkungskreis entscheidend zu stören. Herbert musste richtig kämpfen und er tat es. Er reagierte ganz empfindlich auf die kleinste körperliche Attacke. Er kriegte sich richtig in die Wolle mit dem kleinen Peruaner. Dieser steckte darauf hin zurück. Wir spielten zweimal dreißig Minuten. Fünf Minuten vor Schluss gelang uns der Ausgleich. Rolf Petters vom Nachbarhof spitzelte den abgeprallten Schuss von Heinz über die Linie. Kurz darauf war das Spiel zu Ende. Ich ging zu Herbert und sagte, du warst ganz schön grantig. Er grinste und sagte aber geholfen hat es.
Anschließend machten wir uns frisch. Herbert ging mit zu Heinz, er wohnte ja nicht mehr hier. Seine Eltern waren nach Dresden – Prohlis gezogen. Eine halbe Stunde später saßen wir in der Mitropa und werteten bei einem Bier das Spiel aus.




Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen