Montag, 14. Februar 2011

Aufstand der Lehrmeister


Es war soweit die GST Ausbildung begann. Zuerst wurde der Ablauf der nächsten 2 Tage bekannt gegeben. Als nächstes gingen wir Klamotten fassen und zogen uns um. Es waren grüne Uniformen in die wir gesteckt wurden, dazu schwarze Lederstiefel, Koppel und ein graues Käppi als Kopfbedeckung. Eine Umhängetasche mit Gasmaske vervollständigte die Ausrüstung. Zur Ausbildung kamen auch die Lehrlinge aus der Gießerei. Da waren nicht nur die Gießereilehrlinge sondern auch die Teilberufler, die hatten nicht mal den Abschluss der 8. Klasse geschafft. Sie waren noch richtige Kinder, in Uniformen. Ein groteskes Bild. Wir wurden in Gruppen eingeteilt. Zu unserer Gruppe den Lehrlingen der Maschinenausbildung kamen noch ein paar Lehrlinge aus der Gießerei unter anderen Rotzlöffel Brückner. Die Lehrmeister waren unsere Vorgesetzten. Als erstes mussten wir zum Klimmziehen, eine schwache Disziplin von mir. Leinert führte uns zum Reck. Wir Werkzeugmacher waren zuerst dran. Auf einmal kam Brückner von hinten und brüllte, haut ab ihr Arschlöcher da vorn oder denkt ihr ich stell mich an! Angstvoll traten die Gießereilehrlinge bei Seite. Schon bekamen Bernd und ich von hinten einen Rempler und Brückner schoss an uns vorbei. Ganz vorn stand Berze und der stand wo er stand. Brückner wollte ihn bei Seite schieben und sagte, los hau ab du Arsch. Berze drehte sich um und haute ihn kommentarlos voll eins auf die Zwölf. Brückner kippte nach hinten um. Leinert drehte sich grinsend weck. Sich das Blut aus dem Gesicht wischend, sagte er mit weinerlicher Stimme, er hätte es nicht so gemeint. Berze holte aus und haute ihm die Faust noch mal auf die Zwölf. Brückner sagte nichts mehr. Wir johlten vor Freude, die Gießereilehrlinge schauten betreten rein. Leinert drehte sich zu uns und fragte was ist hier los?? Hagen sagte, Brückner ist hingeflogen. Ein Gießereilehrling wollte aufbegehren. Thomas packte ihn am Schlawitchen und fragte ihn mit Engelszungen willst du was sagen? Er sagte nichts. Leinert meinte, es könne schon mal passieren dass einer bei der Ausbildung hinfällt. Damit war der Fall für ihn erledigt. Die Gießereilehrlinge halfen Brückner wieder auf die Beine und Berze war für uns der Größte. Die andere Gruppe war inzwischen beim Schießen. Zuerst wurden sie an den KK – Gewehren ein und unterwiesen. Die MPI’s sahen aus wie Kalaschnikows nur eben zierlicher. Eigentlich waren wir alle ganz heiß aufs Schießen. Das hatte was Männliches. Beim Schießen der ersten Gruppe kam es zum Eklat. Bei der praktischen Unterweisung stolzierte Eckhold in seiner Uniform wie ein eitler Pfau durch die Reihen. In der Hand hatte er ein Stöckchen und jeden der etwas falsch machte, den schlug er damit. Die Lehrmeister wurden rebellisch. Sie kratzten ihr letztes bisschen Mut zusammen und versuchten Eckhold zur Vernunft zu bringen. Der ließ sich natürlich von denen nichts sagen. Sie brüllten sich gegenseitig an. Grizzly – Werner  eilte in die Lehrbaracke und holte Kürz. Kürz war Lehrmeister für das dritte Lehrjahr und unterstand auch Eckhold. Aber er war Parteisekretär in der Lehrausbildung und stand in der Parteihierarchie über Eckhold. Fast eine Stunde brauchte Kürz fürs Schlichten zwischen beiden Lagern. Die Lehrmeister erreichten, das in der nächsten Parteiversammlung der Vorfall ausgewertet werden soll. Was dabei raus gekommen war haben wir nie erfahren. Eckhold blieb unser Chef. Nach dem bizarren Streit waren wir mit Schießen dran. Ich schoss eine Eins und war stolz auf mein Ergebnis. Aber nicht lange, da wir als Letztes schossen mussten wir die Waffen säubern und das war nicht mein Ding. Am zweiten Tag stand exerzieren auf der Tagesordnung. Zwei Stunden marschierten wir im Betrieb am Schießplatz auf und ab. Anschließend durch den Ort von Heidenau Nord nach Heidenau Süd vorbei am alten Gaswerk an die Elbfähre. Mir viel der makabere Witz über die Juden und das Gaswerk ein und musste grinsen. An der Fähre setzten wir über. Weiter ging der Marsch zum GST – Flughafen nach Pirna. Hier starteten in der Regel Segelflieger, seltener kleine Sportflugzeuge. Die Ersten hatten Blasen an den Füßen und jammerten rum. Aber da mussten sie durch. Jetzt war eine Stunde Ausdauerlauf an der Tagesordnung. Verpflegt wurden wir zwischendurch aus der Gulaschkanone von den Kampfgruppen. Zuletzt war noch der 100 Meter Lauf angesagt bevor wir zurück in den Betrieb marschierten. Die Uniformen mussten wir mit nach Hause nehmen und selber waschen. Ein bisschen stolz war ich schon auf die Uniform, wieder ein Stück den Erwachsenen näher. Ich ließ sie an und fuhr mit dem Zug nach Hause.



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