Montag, 14. Februar 2011

Berufsschule

In der Berufschule lernt man jede Menge Typen kennen. In den größeren Pausen standen wir meistens auf dem Schulhof rum, da kommt man schon Mal mit diesem oder jenem ins Gespräch. Unter anderen schickte der Chemiefaserbetrieb Kunstseide von Pirna seine Lehrlinge zur theoretischen Ausbildung in die Berufsschule. Die lungerten in den Pausen auch auf dem Schulhof rum. Wer Chemielaborant lernte musste schon ein gutes Zeugnis haben. Uns viel auf, das die angehenden Chemielaboranten einen von ihren Kameraden regelmäßig in der Mache hatten. Bernd sagte der heißt Peter. Ich fragte woher kennst du den? Thomas antwortete, als wir das letzte Mal nach Hause gefahren sind saß er mit im Zug nach Dresden, da hatte er uns angesprochen. Er muss uns schon ein paar Mal gesehen haben. Ich sagte, so wie ihr ausseht ist das keine Wunder, da fallt ihr immer auf. Bernd knuffte mich. Er erzählte weiter, das Peter mit einem Zensurendurchschnitt von 1,1 seine Lehre begonnen hat. In der Berufsschule wäre er wohl ebenfalls ganz gut, aber auf Arbeit hätte er eine glatte Fünf. Der kann keinen Nagel gerade in  die Wand schlagen, wir lachten. Normaler Weise macht man mit so einem Zeugnis sein Abitur. Kurze Zeit später erzählte Herschel, von einem Schüler an der Schule, der theoretisch super aber im Praktischen eine Null wäre. Die Thüringer und ich wussten sofort Bescheid. Diesem Schüler wird es ermöglicht, während der Ausbildung auf einen anderen Beruf umzuschwenken. Stolz meinte er dies wäre einmalig in der DDR. Man werde versuchen ihn als Fachzeichner auszubilden. Am nächsten Tag auf dem Schulhof hatten seine Lehrkameraden ihn wieder in der Mangel. Bernd sagte hört auf. Sie lachten über Bernd. Sofort stellten sich Thomas, Andreas, Detlef und ich zu Bernd. Die Chemielaboranten lachten nicht mehr, sie gingen. Wundern tat es mich eigentlich nicht, dass sie ihn immer hänselten. Peter war kleiner wie ich, dicklich, unbeholfen und ein richtiges Babyface. Auf mich machte er einen merkwürdigen Eindruck. Dieser verstärkte sich noch als ich im Zug mich mit ihm unterhielt. Er wohnte in Dresden bei seiner Mutter. Sie war allein erziehend und schon über Sechzig. Peter war richtig weltfremd. Er erzählte dass er zurzeit nur in die Berufschule geht und in einem Monat eine neue Lehre anfängt. 14 Tage später kam ich aus der Berufsschule mit dem Zug. Er hielt in Dresden Reick. Die Zugtür ging auf jede Menge Dynamofans kamen schreiend und grölend in den Zug. Am lautesten schrie Peter, er war unter ihnen. Er sah mich und wurde verlegen und ganz ruhig. Ein halbes Jahr später, sah ich ihn noch einmal. In zwischen war er auch mit der neuen Lehre gescheitert. Er war nicht mehr dicklich, er war richtig kräftig geworden. Schreiend und tobend mit der Dynamofahne wild fuchtelnd stieg er und seine Meute ein. Da fühlte er sich wohl, da war er wer. Er sah mich, es störte ihn nicht mehr. Er hatte seine gute Erziehung endgültig vergessen.
Am Abend dieses Tages bimmelte Becki bei mir und meinte im Clubhaus Niedersedlitz ist heute Disco. Mitten in der Woche, eigentlich hatte ich keine Lust. Becki meinte die fängt 18.00 Uhr an und 22.00 Uhr ist Schluss, ich soll kein Frosch sein und mit kommen. Ich ließ mich breit schlagen, am nächsten Tag war ja Schule da konnte ich Früh etwas länger schlafen. Der Abend wurde besser wie gedacht. Ich lernte Kerstin kennen. Kerstin kam aus dem Bezirk Cottbus und wohnte in einem Internat. Sie musste spätestens um 23.00 Uhr zurück sein, wegen der Heimordnung. Ich wollte wissen ob sie es weit ins Internat hat? Sie vereinte und sagte sie wohne gleich am Lugturm. Ich wurde hellhörig, am Lugturm hakte ich nach, sie nickte. Da kennst du wohl einen Bernd Baumann? Sie nickte wieder und fragte ihrerseits, wo kennst denn den frechen Kerl her? Ich sagte zu ihr, er ist ein ganz lieber Lehrkamerad von mir und nur zu bestimmten Leuten frech. Wir mussten lachen. Becki und ich fuhren gemeinsam mit Kerstin noch im Bus mit zum UGL. Hier mussten wir drei aussteigen. Kerstin fuhr nach Luga und wir zum Hbf. Ich hatte mich mit ihr für nächste Woche verabredet. Am nächsten Tag in der Schule war Bernd schon bestens im Bilde. Er meinte in 14 Tagen ist bei uns im Internat Disco, da kannst du mal vorbeikommen. Eine Woche später traf ich mich mit Kerstin, sie war wirklich eine ganz Nette. Wir bummelten durch das Zentrum und leisteten uns ein Softeis. So beim unterhalten merkte ich, dass sie eine ganz Strebsame in der Lehre war und sie viel in ihrer Freizeit für die Schule lernte. Irgendwann wollte sie noch studieren. Taktvoll rieb sie mir unter die Nase, dass sie morgen eine große Arbeit in der Schule schreiben. Das fehlte mir noch, Frau Doktor Allwissend.
Ich sagte zu ihr, weist du was Mädel, ich bring Dich zurück ins Internat, da kannst du fleißig lernen. So hätte sie es nicht gemeint, sagte Kerstin. Kein Problem antwortete ich. Genau genommen kam es mir nicht unrecht, da konnte ich mal schauen wie meine drei Experten da so hausten. Das hätte ich auch früher gekonnt, so aber hatte ich einen Grund. Sie schliefen in einem Vierbettzimmer, Jürgen vom zweiten Lehrjahr, pennte da noch mit. Eine Woche später rückte ich mit Becki zur Disco an. Wir fuhren mit dem Bus bis zum UGL
und liefen von dort die alte Dresdner Landstraße zum Internat hinauf. Die Strecke zog sich ganz schön hin. Mit Sicherheit wären wir besser gekommen, wenn wir bis Luga gefahren wären. Der Abend wurde ein recht trockener. Im Internat war Alkoholverbot. Zur Feier des Tages gestatte der Heimleiter jedem eine Flasche Bier oder ein Glas Wein. Vielleicht war es besser so dass mit Alkohol  spartanisch umgegangen wurde, denn unter Alkoholeinfluss passierten Dinge die konnten leicht nach hinten losgehen. Erst vor wenigen Tagen waren Bernd und Thomas einen Zwitschern. Vom Internat machten sie sich auf nach Dresden – Lockwitz. Sie nahmen den kürzesten Weg liefen über Wiesen und Felder  an einem Waldhain vorbei. Am Rand des Hains befand sich ein kleines Mausoleum. Hier hatte sich irgendein Adliger verewigen lassen, der sich um die einstmals selbständigen Gemeinden Prohlis und Lockwitz verdient gemacht hatte. Auf dem Rückweg  von der Kneiptour warfen sie die Glasscheiben des Mausoleums kaputt und hatten sich natürlich erwischen lassen. Wie man sich in dieser Walachei erwischen lassen konnte war mir allerdings ein Rätsel. Denn von der Fernverkehrsstraße konnte man das Mausoleum nicht sehen. Diese unbedachte Aktion zog ungeahnte Kreise. Der sie erwischt hatte informierte die Polizei. Die Polizei meldete es der Internatsleitung und diese gab es weiter an Eckhold. Für Eckhold war es ein gefundenes Fressen wieder mal mit Verweisen um sich zu schmeißen.

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