Montag, 14. Februar 2011

Fahrt zur Arbeit

 Während der Sommerzeit begann die Arbeit 05.30 Uhr. Als Lehrlinge unter 18 Jahren brauchten wir die Genehmigung von unseren Eltern, denn das Jugendschutzgesetz verbot uns Jugendlichen das Arbeiten zwischen 22.00 Uhr und 06.00 Uhr. Eigentlich war ich ganz froh das wir so zeitig anfingen, da hatten wir Nachmittags bei Zeiten Feierabend und man konnte den Tag noch richtig nutzten. So früh zeitig war auf den Straßen noch nicht allzu viel los. Die paar Leute die unterwegs waren konnte man sich leicht merken. Ab und an traf ich ehemalige Schüler die bei mir in die Parallelklasse gingen. Während der Schulzeit hielt sich der Kontakt zu ihnen in grenzen. Aber irgendwie war man lockerer geworden und wir fanden immer paar Minuten für einem Plausch. Im Bahnhof selber herrschte Rauchverbot, was eigentlich ganz vernünftig war. Die meisten Raucher hielten sich auch dran.Die Transportpolizei  überwachte das Rauchverbot. Vor den Eingängen am Bahnhof standen riesige Aschenbecher und um diese herum die Raucher. Ich dachte mein Gott Walter, wie kann man schon so Früh am Morgen, am Glimmstängel hängen. Einer von den Typen viel mir besonders auf. Bei ihm hatte ich den Eindruck er rauchte die Dinger nicht, er fraß sie, so stark zog er an der Zigarette, begleitet von einem fürchterlichen Raucherhusten. Ihm guckte der Krebs schon förmlich aus dem Hals. Die Züge fuhren für gewöhnlich immer vom gleichen Bahnsteig ab. Meiner fuhr vom Bahnsteig 3. Der S- Bahn Zug fuhr über Heidenau – Pirna bis in die sächsische Schweiz. Als letzter in den Zug stieg immer der Raucher, er saß 2-3 Abteile hinter mir. Er verbreitete den charmanten Duft eines Aschebechers. Sein Zielbahnhof war  Dresden - Dobritz. Eine Station vorher nahm er eine neue Zigarette in die Hand und noch während des Aussteigens zündete er sie an. Dann saß da noch ein ganz merkwürdiges Pärchen im Wagon. Man hätte sie für ein älteres Ehepaar halten können aber sie siezten sich. Wenn ich Einstieg saßen sie schon im Zug. Beide waren bestimmt Ende 50. Sie hatte einen riesigen Busen. Ihre Blusen waren immer bis zum letzten Knopf hin zu geknöpft und  mit einem albernen Kragen verziert. Meistens hegelte oder strickte sie irgendwelche Sachen. Über ihre Blusen trug sie eine blaue Strickjacke, natürlich selbst gestrickt. Ihr Gesicht war rundlich, eingebettet von gelockten braun gefärbten Haaren und geziert von einer Brille. Sie sah wie eine alte Jungfer aus. Er war das männliche Gegenstück dazu. Sein Kopf war birnenförmig und mit einer wunderschönen Glatze versehen. Um diese zu verdecken hatte er sich auf der rechten Seite, kurz überm Ohr einen akkuraten Scheitel gezogen und die Haare von der rechten Seite auf die Linke gelegt oder treffender gesagt, gezirkelt. Sie waren mit Pomade gegehlt. Dazu trug er eine Brille, die bestimmt schon 30 Jahre alt war. Seine schmalen Schultern waren meistens von einem Jackett gerahmt, der Schlips war obligatorisch. Die dazu gehörige Aktentasche hatte bestimmt schon der Sekretär vom Kaiser getragen. Die Tasche lag exakt ausgerichtet auf seinen Oberschenkeln. Ihr Gesprächsthema war in aller Regel die Familie, was Kinder und Kindes Kinder so trieben, gewöhnlich nur Gutes. Denn die Welt ist schlecht aber ihre Enkel und Kinder würden solche Sachen nie machen. So ging das Tag für Tag bis Dresden – Zschachwitz, dort stiegen sie aus. Oft fragte ich mich was die zwei auf Arbeit machten. So Früh zeitig war der Zug nur zu ca. 1/3 gefüllt und man hatte genug Zeit und Muse solchen Gesprächen zu zuhören oder seinen Gedanken nach zu hängen. Ich fuhr noch eine Stationen weiter bis Heidenau – Nord. Dort stieg ich aus. Oftmals kam genau in dem Augenblick als ich den Bahnsteig verlassen wollte eine schlanke, junge, große Frau mit langen blonden Haaren auf den Parallelbahnsteig. Sie sah eigentlich immer müde aus, war aber eine ganz Hübsche.
Ende Oktober begann die Winterzeit,  ich konnte eine Stunde länger schlafen. Denn die Arbeit begann erst 06.30 Uhr. Das Problem was ich da hatte war der Zug. Es war nicht die S – Bahn mit ihren Doppelstockzügen, sondern ein Personenzug der nach Altenberg im Erzgebirge fuhr. In Heidenau – Nord bog er von der Strecke nach Pirna ab. Dieser bestand nur aus einfachen Wagons und war relativ kurz. Doppelstockwagen konnten die Tunnels auf der Strecke nicht passieren. Aus diesem Grund war er recht gut besetzt, so dass man oftmals nur im Raucherabteil einen Platz bekam. In Heidenau angekommen stank man entsetzlich nach Nikotin.

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